Verkehrsgutachten PST. Zusammenfassung mit Schwerpunkt Radverkehr

Zur Fortentwicklung des Verkehrsentwicklungsplanes der Stadt Werder von 2015 hatte die Stadt bei PST. (BERNARD Gruppe ZT GmbH) ein Verkehrsgutachten in Auftrag gegeben, das im Juni 2021 veröffentlicht wurde. 1

Grundlage dieses Gutachtens sind

  • Haushaltsbefragung zum Mobilitätsverhalten (01-2020)
  • Verkehrsstromzählungen an 21 Knotenpunkten und 9 Querschnitten
  • Onlinebefragung zur Fuß- und Radwegeinfrastruktur

Bestandsaufnahme:

  • Die Bevölkerung der Stadt Werder (Havel) legt etwa 80.800 Wege / Tag zurück. Das entspricht 3,0 Wegen pro Person am Tag ab einem Alter von 6 Jahren.
  • Bei der Verkehrsmittelwahl für diese Wege überwiegt in Werder mit einem Anteil von 53 % der motorisierte Individualverkehr (MIV). Beim Umweltfreundlichen Verkehrsverbund mit einem Anteil von 47 % haben das Fahrrad, Fußgänger, Bus und Bahn jeweils etwa einem Anteil von ¼.2 Und das obwohl 46% der Wege Binnenverkehre sind.Im Binnenverkehr (Wege innerhalb der Stadt Werder) liegt der Anteil des MIV mit 56 % sogar noch höher.3 Weiter fällt der hohe Anteil des MIV beim Schul- und Ausbildungsverkehr auf: 22% der Schulwege erfolgen mit dem PKW (‚Elterntaxi‘), nur 12 % mit dem Fahrrad.4
  • Die Verkehrsstromzählung bestätigt dieses Ergebnis: so werden (werktags) im Stadtzentrum (Eisenbahnstr. / Brandenburgerstr.) über 18.000 Fahrzeuge / 24 h gezählt. Die Phöbener Str. / Kesselgrundstr. ist mit 10.600 Fahrzeugen / 24 h belastet, wobei hier ein mit 5,2 % hoher Anteil des Schwerlastverkehres auffällt.
  • 93 % des innerörtlichen Verkehrsaufkommens hat Bezug zur Stadt Werder (Havel) hat. Nur sieben Prozent sind reiner Durchgangsverkehr.5 Die Ursachen des hohen Verkehrs­auf­kommes können und müssen also in Werder angegangen werden.
  • PST prognostiziert bis 2030 in der Stadt Werder (Havel) eine flächendeckende Verkehrs­zunahme.6
  • Die Bürgerbefragung erklärt, warum Fußwege und das Fahrrad so wenig genutzt werden: Beim Radfahren fühlt sich fast die Hälfte der Befragten nicht sicher. Bei den gewünschten Verbesserungen steht an oberster Stelle der Ausbau des Radwegenetzes gefolgt von der Erhöhung der Sicherheit an Hauptverkehrsstraßen, insbesondere an der Potsdamer Straße. Die Wege zum Zu-Fuß-Gehen werden zum Teil als wenig attraktiv bewertet.7

PST. weist auf verschiedene Problempunkt der Sicherheit im Radverkehr hin:

  • Ein besonderer Gefahrenstelle ist die Potsdamer Straße (L 90). Bei einer Kfz-Verkehrsstärke von rund 11.400 Kfz/24 h und einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h wird der Radverkehr im Mischverkehr auf der Fahrbahn geführt. Das abschnittsweise zugelassene halbseitige Gehwegparken gefährdet vorbeifahrenden Radverkehr, wenn Fahrzeugtüren unvermittelt geöffnet werden („Dooring“).8
  • An vielen Knotenpunkten und stark frequentierten Grundstückszufahrten ist festzustellen, dass Roteinfärbungen und Fahrradpiktogramme auf Radfurten fehlen, die dem Autoverkehr deutlich signalisieren, dass sie hier auf den bevorrechtigten Radverkehr zu achten haben.9

Aus dieser Bestandsaufnahme leitet PST. folgende verkehrliche Ziele für die Stadt Werder (Havel) ab:

  • Förderung und Sicherung des Fuß- und Radverkehrs im gesamten Stadtgebiet, insbesondere in der Potsdamer Straße
  • Attraktivierung des Bahnhofsumfelds als Mobilitätsdrehscheibe
  • Entlastung der Mitte vom Kfz-Verkehr und Erhöhung der Aufenthaltsqualität zur Stärkung und Verdichtung der Mitte als Versorgungsschwerpunkt
  • Autoarme bzw. autofreie Inselstadt10

PST. weist darauf hin, dass durch die Attraktivitätssteigerung im Radverkehr das Potenzial von Werder (Havel) als Erholungsort weiter gesteigert werden kann.11

Hier einige der von PST. vorgeschlagenen Maßnahmen für den Rad- und Fußverkehr:

  • Die Adolf-Damaschke-Straße stellt eine für den Radverkehr attraktive und direkte Verbindung zwischen Inselstadt, Stadtzentrum und Bahnhof dar. Im Zuge der Umgestaltung des Bahnhofsvorplatzes und der geplanten Bahnhofunterführung sollte die Umstufung der Adolf-Damaschke-Straße zur Fahrradstraße (mit Tempo 30) im Rahmen der Mobilitätsstudie geprüft werden.12
  • Aufgrund der Platzverhältnisse in der Potsdamer Straße sind beidseitige, ausreichend breite Radverkehrsanlagen nur möglich, wenn die Fahrbahn für den Kfz-Verkehr auf eine einstreifige Richtungsfahrbahn reduziert wird (Einbahnstraße). Die Einrichtung von Tempo 30 ist im Zuge des Lärmaktionsplans zu prüfen.13
  • Der Radweg im Zuge der Brandenburger Straße entspricht in Breite und Oberflächenzustand nicht den aktuellen Anforderungen. Die bestehenden, benutzungspflichten Abschnitte sind zu überprüfen. Bei einer Verkehrsstärke von 6.400 Kfz/24 h sollte der Radverkehr auf der Fahrbahn, ggf. durch einseitige Schutzstreifen, geführt werden.14
  • Im Zuge des Lärmaktionsplans soll an folgenden Stellen die Einrichtung von Tempo 30 geprüft werden:
    • Eisenbahnstraße zwischen Adolf-Damaschke-Straße und Brandenburger Straße
    • Unter den Linden zwischen Eisenbahnstraße und Potsdamer Straße
    • Dr.-Külz-Straße (nachts)15
  • Bei Umbau des Bahnhofsvorplatzes sind attraktive, ausreichend dimensionierte Fahrradabstellanlagen zu berücksichtigen.16
  • Es sollte ein Verleih für (E-)Lastenräder eingerichtet werden.17
  • PST. regt die Schaffung weiterer Querungshilfen für Fußgänger an, z.B.:
    • in der Brandenburger Straße Höhe Moosfennstraße
    • in der Eisenbahnstraße Höhe Bus haltestelle Bismarckhöhe (Schulweg zum Oberstufenzentrum)18

Werder, 14.1.22, Jan Stehn, Verkehrswende Werder

1Das Gutachten kann hier heruntergeladen werden.

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3S. 9

4S. 12

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6S. 30

7S. 13

8S. 18

9S. 25

10S. 31

11S. 20

12S. 33

13S. 34

14S. 19

15S. 35

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17S. 35

18S. 35